La Force des Choses

Gruppenausstellung mit Werken von Mamiko Otsubo, Pierre Haubensak, Anne-Lise Coste, San Keller, Franziska Furter und Benedikte Bjerre

30. März – 12. Mai 2023

Wir freuen uns sehr, Sie in der Gruppenausstellung La Force des Choses zu begrüssen. Der Titel der Ausstellung ist einer Schrift von Simone de Beauvoir entlehnt und erscheint auch auf einer der gezeigten Papierarbeiten von Anne-Lise Coste. Der Lauf der Dinge schlägt merkwürdige Kapriolen. Künstlerinnen und Künstler befassen sich unterschiedliche mit der sie umgebenden Realität.

Werke

Die gezeigten Arbeiten stammen aus verschiedenen Zeiten: Das früheste Werk in der Ausstellung, das Triptychon Blue, Yellow and Red von Pierre Haubensak, ist 1971 während seines Aufenthalts in New York City entstanden. Die drei Leinwände strahlen durch ihre Farbwahl und Malweise eine gelassene Souveränität aus. Der Titel könnte eine Anspielung auf die Gruppe von vier Arbeiten von Barnett Newman, Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue sein, die zwischen 1966 und 1970 entstanden ist. Neben dem Triptychon hängen vier Collagen der japanischen Künstlerin Mamiko Otsubo von 2017. Austarierte bronzene und goldene Kompositionen auf Mylar, die das Licht reflektieren.

Pierre Haubensak, Blue, Yellow and Red, 1971

Acryl auf Leinwand, 3-teilig, je 122 x 122 cm

Mamiko Otsubo, Untitled (Copper eyes extruded), 2017

Vinylklebefolie auf Mylar, 35.6 cm x 27.9 cm

Mamiko Otsubo, Untitled (Copper eyes halved and flipped), 2017

Vinylklebefolie auf Mylar, 35.6 cm x 27.9 cm

Mamiko Otsubo, Untitled (Brass squint extruded), 2017

Vinylklebefolie auf Mylar, 35.6 cm x 27.9 cm

Mamiko Otsubo, Untitled (Brass eyes halved), 2017

Vinylklebefolie auf Mylar, 35.6 cm x 27.9 cm

Die grosse Wand im Hauptraum nimmt eine Gruppe von Ölkreidearbeiten von Anne-Lise Coste von 2016 ein. In diesen bunten Papierarbeiten sind verschiedene persönliche Gemütszustände, Landschaften und Stillleben wiedergeben. Es handelt sich um Notate der Befindlichkeit.

Anne-Lise Coste, Aéroport CDG, 2016

Pastellkreide auf Papier, 40 x 30 cm

Anne-Lise Coste, ELLE, 2016

Pastellkreide auf Papier, 42 x 30 cm

Anne-Lise Coste, La beauté du paysage ne faiblit pas 0, 2016

Pastellkreide auf Papier, 40 x 30 cm

Anne-Lise Coste, Me Crying, 2016

Pastellkreide auf Papier, 36 x 25 cm

Anne-Lise Coste, La force des choses II, 2016

Pastellkreide auf Papier, 36 x 25 cm

Anne-Lise Coste, Untitled (with Blue Lines), 2016

Pastellkreide auf Papier, 23 x 16 cm

Anne-Lise Coste, My Bedroom, 2016

Pastellkreide auf Papier, 31 x 24 cm

Anne-Lise Coste, Autoportrait aux bras levés, 2016

Pastellkreide auf Papier, 31 x 24 cm

Neben der emotionalen Bildergruppe befindet sich das Museum San Keller auf Besuch. San Keller ist bekannt für seine partizipatorischen Performances und ephemeren Aktionen, die häufig an soziale Experimente erinnern, und den kritischen, konzeptionellen und spielerischen Grundton seines Schaffens charakterisieren. Im Museum San Keller in Köniz bei Bern war zwischen 2008 und 2022 Kellers malerisches und zeichnerisches Frühwerk beheimatet, die Sammlung umfasst aber auch Werke verschiedener Gattungen aus späteren Schaffensphasen des Künstlers bis heute. Alle Arbeiten werden verpackt gezeigt. Erst eine neue Besitzerin oder ein neuer Besitzer darf die Werke auspacken und zeigen. Die Museumsräumlichkeiten waren zugleich die privaten Wohnräume von Fritz und Marianne Keller-Lehmann, den Eltern San Kellers, welche diese auf Anfrage immer wieder der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Im April 2022 hat das Museum San Keller seine Tore endgültig geschlossen. Das jetzt erschienene Buch "Museum San Keller" im Verlag Scheidegger & Spiess dokumentiert und verortet das Museum San Keller. Das Inventar des Museum San Keller beinhaltet neben den Kunstwerken auch Ordner mit Presseausschnitten und eine kleine Bibliothek.

Die Arbeit Trap/Bay von Franziska Furter aus dem Jahr 2018, in der sie ein Seil zu einer verblüffenden Komposition knüpfte, und zwei Plasiken von Benedikte Bjerre aus ihrer letztjährigen Einzelausstellung in der Galerie Who delivers setzen konzeptuelle Akzente. Ein luftdicht geschlossener Koffer aus Hartplastik der Marke Pelicase mit sechs darauf befestigten Babywindeln aus Bronze bezeichnet Benedikte Bjerre lapidar als Done Thing. Der Hartplastikkoffer von Pelicase wird benutzt, um fragile Gegenstände, Kameramaterial oder Waffen zu transportieren. Die Windeln stehen für die menschlichen Ausscheidungen. Das «tägliche» Geschäft, welches vollbracht wird und den Lauf der Dinge markiert. Neben Done Thing hängt die Arbeit Reproduction an der Wand. Dabei handelt es sich um eine vorgefertigte Kartonverpackung von DHL, die Benedikte Bjerre in Aluminium nachformen liess. Die Arbeit thematisiert unter anderem die Bedeutung der Lieferanten in der Zeit der Coronakrise.

Franziska Furter, Trap/Bay, 2018

Nylon Seile, 234 x 27 x 22 cm

Benedikte Bjerre, Reproduction, 2022

Aluminium, geschweisst, 107 x 20 x 20 cm

Benedikte Bjerre, Done Thing, 2022

Direkter Bronzeguss von Babywindeln montiert auf luftdichtem Pelicase, 37 x 62 x 53 cm

Künstlerinnen und Künstler reagieren unterschiedlich auf den Lauf der Zeit. Oftmals verdichten und versinnbildlichen ihre Arbeiten historische Gegebenheiten. Sehr vereinfacht formuliert lassen sich die Entstehungsjahre der Arbeiten in der Ausstellung folgendermassen einordnen: Die frühen 1970er Jahre waren eine Zeit des Umbruchs und liessen vielleicht bereits die Krisenjahre der Mitte des Jahrzehnts erahnen. Die Jahre 2016 bis 2018 waren eine Zeit der Konsolidierung und markieren Jahre einer gewissen Sorglosigkeit nach der Weltwirtschaftskrise von 2008. 2022 ist geprägt von der Erfahrung und Verarbeitung der Pandemie. Die persönliche Lebenszeit der Künstlerinnen und Künstler korreliert mit den Gegebenheiten der Weltgeschichte. Die künstlerischen Arbeiten spiegeln auf unterschiedliche Art und Weise den Lauf der Dinge wider. Es ist am Publikum in den Arbeiten den Puls der Zeit zu fühlen. Nicht alle Arbeiten sind zu allen Zeiten möglich – manchmal jedoch fallen die Arbeiten vollkommen aus der Zeit und stehen für etwas ganz anderes.

Installationsansichten
 
Dokumentation